Schlafstörung durch Schmerzen

Schlafstörung durch Schmerzen: Was tun, wenn chronische Schmerzen Sie nachts nicht zur Ruhe kommen lassen?

Jeder hat es schon einmal erlebt: das Gefühl, wie gerädert zu sein nach einer mehr oder weniger durchwachten Nacht. Menschen mit chronischen Schmerzen geht es beinahe jede Nacht so – Studien zufolge leiden 80 Prozent der Patient:innen mit chronischen Schmerzen, wie einer somatoformen Schmerzstörung, regelmäßig unter Schlafstörungen. (1) Warum das so ist und was man gegen Schlaflosigkeit aufgrund von Schmerzen tun kann, erfahren Sie in diesem Artikel.

Digitale Schmerztherapie gegen Schmerzen

Schlafstörungen durch Schmerzen – Schmerzen durch Schlafmangel: ein Teufelskreis

Schlaf ist wichtig, weil während der Ruhephase in den Zellen unseres Körpers wichtige Aufräum- und Erneuerungsprozesse stattfinden. Das Gehirn kann im Schlaf Emotionen sowie Erlebnisse des Tages verarbeiten. Mehr zur Funktion von Schlaf lesen Sie hier.

Doch was können Sie tun, wenn sich der Schlaf mit seinen wohltuenden Eigenschaften aufgrund von Schmerzen oder Sorgen und Ängsten nicht einstellen will? Oder Sie mit Schmerzen aufwachen und nicht wieder in den Schlaf zurückfinden – kurzum, wenn die dringend benötigte Erholung nicht möglich ist?

Durch mehrere Studien ist belegt, dass Schlafstörungen diese Beschwerden verstärken können, da die mechanische Schmerzschwelle durch Schlafmangel abnimmt. (3) Das bedeutet, Sie werden schmerzempfindlicher. Zudem behindert Schlafmangel die körpereigene Bildung schmerzhemmender Substanzen, sogenannter endogener Opioide. Ein unglückliches Wechselspiel: Der nächtliche Schmerz stört den Schlaf, und der fehlende Schlaf wiederum senkt die körpereigene Schmerzhemmung und steigert die Schmerzempfindlichkeit des Körpers, wodurch Schlafstörungen durch Schmerzen zunehmen können. (3)

In diesem Zusammenspiel stecken jedoch zwei Ansatzpunkte, um Schlafstörungen durch Schmerzen zu begegnen:

  • Methoden, die die Schmerzen lindern, fördern auch erholsamen Schlaf.
  • Wege zu besserem Schlaf können gleichzeitig positiv auf das Schmerzempfinden wirken.

Praktische Tipps, wie erholsamer Schlaf gelingen kann, finden Sie hier.

(Ein-)Schlafen trotz Schmerzen: Tipps bei wiederkehrenden Schlafstörungen

Erholsamer Schlaf kann zur Linderung von Schmerzen beitragen. (1) Statt zu versuchen, die Beschwerden mithilfe von Schmerzmitteln zu bekämpfen, sollte das Problem längerfristig angegangen werden:

Eine psychologische Schmerztherapie geht den Ursachen der Schlafstörungen durch Schmerzen auf den Grund. Der Fokus liegt darauf, herauszufinden, welche psychischen bzw. mentalen Erfahrungen oder Gedankenvorgänge die Schmerzen auslösen, aufrechterhalten oder vielleicht sogar verschlimmern. Gemeinsam mit therapeutischer Hilfe können diese Trigger erkannt und behandelt werden.

Besprechen Sie außerdem mit Ihrer Ärztin oder Ihrem Arzt, welche individuellen Maßnahmen in Ihrem Fall gegen die nächtlichen Schmerzen und die daraus resultierenden Schlafstörungen helfen können.

Digitale Gesundheitsanwendungen können bei Schlafstörungen helfen

Seit Kurzem verfügbar und speziell für Menschen mit chronischen Schmerzen entwickelt wurden beispielsweise spezielle patientenorientierte Apps, sogenannte „Digitale Gesundheitsanwendungen“. Diese bieten Betroffenen Online-Kurse an, mit deren Hilfe sie Probleme individuell und aktiv angehen können, um den Teufelskreis aus Schmerzen und Schlafstörungen zu durchbrechen. (1) (4) Die Apps können alleinstehend oder ergänzend zu einer Therapie angewendet werden und bieten Ihnen die Möglichkeit, selbstständig z. B. Entspannungsverfahren zu erlernen, um auf diese Weise aktiv gegen Ihre Schlafstörungen vorzugehen.

Mehr über Digitale Gesundheitsanwendungen lesen Sie hier.

Möchten Sie wissen, welche Prozesse im Körper ablaufen, wenn wir schlafen? Oder warum Schlaf überhaupt so notwendig für Körper, Geist und Seele ist? Hier erfahren Sie mehr.

Darum ist ausreichend ungestörter Schlaf so wichtig

Guter, erholsamer Schlaf ist wichtig – das ist unbestritten. Doch was passiert eigentlich in dieser Zeit, die immerhin ein Drittel unseres Lebens ausmacht? Warum sind wir so sehr auf erholsamen Schlaf angewiesen?

Vieles, was den Schlaf betrifft, liegt trotz vielfältiger Untersuchungen weiterhin im Dunkeln. Aktuell geht die Schlafforschung davon aus, dass Schlaf für unser Gehirn wichtiger ist als für unseren Körper. Das heißt, der Körper kommt kurzfristig besser mit Schlafmangel zurecht als der Kopf. So könnte ein trainierter Mensch auch nach einer durchwachten Nacht einen Zehn-Kilometer-Lauf bewältigen, eine komplexe Rechenaufgabe fiele ihm hingegen deutlich schwerer als in ausgeruhtem Zustand. (4)

Da Schmerzpatient:innen im Alltag stärker beansprucht sind und ihr Stresspegel durch die chronischen Schmerzen erhöht ist, trifft sie die Leistungseinbuße aufgrund von Schlafstörungen besonders.

Was passiert vor dem Einschlafen im Körper?

Lichtempfindliche Ganglienzellen im Auge des Menschen informieren den Körper, ob es Zeit ist, aktiv zu sein oder auszuruhen. Wenn sie gedämmtes Licht bzw. Dunkelheit wahrnehmen, wird auf ihre Meldung hin in der Zirbeldrüse im Gehirn das Hormon Melatonin ausgeschüttet. Das macht uns träge und schläfrig: Zeit, ins Bett zu gehen. (4)

Während wir schlafen, macht der Körper seine Hausaufgaben

Die Nacht teilt sich in verschiedene Phasen leichten und tiefen Schlafs. In den leichten Schlafphasen kommt es zu den sogenannten REM-Phasen (Rapid Eye Movement), wir träumen. Das Gehirn organisiert sich neu, und Erlerntes wird abgespeichert. Probleme können verarbeitet werden, woher auch der Ausdruck „Eine Nacht drüber schlafen“ rührt. Gerade bei psychischen Belastungen kann diese „Problemverarbeitung im Schlaf“ besonders wertvoll sein.

Studien belegen den positiven Effekt von Schlaf: Proband:innen, denen im Rahmen einer Studie eine neue Aufgabe gestellt wurde, lösten diese besser, wenn sie vor der Bearbeitung schlafen konnten. (1) (4)

Im Laufe der Nacht entspannen die Muskeln, der Cortisolspiegel im Körper sinkt. Cortisol ist das menschliche Stresshormon. Der Spiegel des Wachstumshormons Somatotropin steigt hingegen an. Bei Kindern führt dies dazu, dass sie sich entwickeln und größer werden, bei Erwachsenen steuert es Stoffwechselprozesse in den Zellen: Der Körper „räumt auf“ und erneuert sich. Dieser Vorgang ist für Patient:innen mit chronischen Schmerzen besonders wichtig, da er eine Chance zur Regeneration bietet. Auch das Immunsystem wird gestärkt. (3) (4)

Viele weitere Informationen zum Thema Schlafstörungen durch Schmerzen finden Sie auf den Seiten der Deutschen Schmerzgesellschaft e. V.

Quellen:
(1) Deutsche Schmerzgesellschaft. Schmerz und Schlaf. Online unter   https://www.schmerzgesellschaft.de/patienteninformationen/besonderheiten-bei-schmerz/schmerz-und-schlaf. Zuletzt abgerufen am 16.10.2022.
(2) Max-Planck-Gesellschaft/Martin Dresler. Warum wir träumen. Online unter https://www.mpg.de/9206457/hintergrund-schlaf. Zuletzt abgerufen am 20.10.2022.
(3) Thieme E-Journals. Psychiatrische Praxis/Abstract. thieme-connect.com. Zuletzt abgerufen am 16.10.2022.
(4) Tobias Hürther. Du bist, was du schläfst: Was zwischen Wachen und Träumen alles geschieht. Piper, 2011.